Urlaubsanspruch
Gesetzlicher und vertraglicher Urlaubsanspruch
Urlaub ist Urlaub? Nein, so einfach ist es nicht.
Es gibt den gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz. Dieser beträgt bei einer 5-Tage-Woche 20 Tage, ansonsten entsprechend anteilig. Ein weiterer gesetzlicher Urlaubsanspruch von 5 Tagen ergibt sich aus dem Schwerbehindertenrecht.
Aus Tarifverträgen können sich weitere Ansprüche ergeben, so zum Beispiel bezahlte Sonderurlaubstage für Hochzeiten, Geburtstage, Sterbefälle, etc. Regelmäßig finden sich in den Arbeitsverträgen individuelle Regelungen. Allerdings steht dort regelmäßig nur die Zahl der Jahresurlaustage ohne Differenzierung nach der Art des Urlaubs.
Hieraus entsteht oft Streit darüber, welcher Urlaub verbraucht und welcher noch offen ist.
Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr über einen Streit über die Abgeltung von Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen zu entscheiden. Auch hier galt zusätzlich noch ein Tarifvertrag. Der Arbeitgeber gewährte 26 Urlaubstage, jedoch ohne eine Tilgungsbestimmung über die rechtliche Grundlage dieser Urlaubstage vorzunehmen. im Streit stand also die Frage, welcher Urlaub vorrangig verbraucht wurde. Streiterheblich war diese Frage deshalb, weil der Abgeltungsanspruch für den Tarifurlaub nach dem Tarifvertrag bereits 3 Monate nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen war. Der Arbeitnehmer hatte natürlich ein Interesse daran, dass zuerst der weniger geschützte Tarifurlaub erfasst wurde und zuletzt der erst nach 3 Jahren verjährende Schwerbehindertenurlaub bzw. dessen Abgeltungsanspruch.
Das Bundesarbeitsgericht entschied nun: Es existiert kein einheitlicher Urlaubsanspruch, sondern 4 rechtlich selbständige Ansprüche von vorliegend insgesamt 37 Tagen. Nimmt der Arbeitgeber keine Tilgungsbestimmung vor, findet die gesetzlich vorgegebene Tilgungsreihenfolge Anwendung. § 366 BGB gebietet, dass zuerst gesetzliche Urlaubsansprüche und dann den gesetzlichen Anspruch übersteigende Urlaubsansprüche erfüllt werden. Konkret: Da der gesetzliche Urlaubsanspruch der Stärkere ist, sind zuerst die 20 Tage Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz und die 5 Schwerbehindertenurlaubstage und nachrangig die schwächeren tariflichen bzw. individualarbeitsvertraglichen Urlaubstage verbraucht. Diese waren aber wegen der kurzen tarifvertraglichen Ausschlussfrist bereits verfallen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom1.3.2022 -9 AZR 353/21-